In unserer durchoptimierten und durchgetakteten Zeit ist es scheinbar wichtig, immer was zu tun zu haben, nur dann ist man wichtig und gefragt. Nichtstun wird leider all zu oft und schnell mit nicht gefordert, nicht gebraucht oder gar faul sein gleichgesetzt.
“Nichtstun ist niemals Zeitverschwendung” – wie passt dieses Statement damit zusammen?
Sowohl bei uns Menschen als auch bei unseren Hunden ist dies eine Frage des Blickwinkels und der aktuellen Bedürfnisse. Die Aussage “Nichtstun ist Zeitverschwendung” stammt sehr oft von Außen, von einem Dritten, der das Geschehen oder eben das Nichtstun des anderen beobachtet und mit dieser Aussage bewertet, in seinem Sinne. Nimmt man sich als “Nichts-Tuender” diese Aussage und Bewertung an, macht man sich damit von seiner Umwelt abhängig und unterwirft sich deren Meinung!
Vielmehr sollte es doch darum gehen, Nichtstun unter dem Blickwinkel der Bedürfnisbefriedigung zu sehen. Wenn Hund und Mensch es brauchen, mal nichts zu tun, einfach mal auszuruhen, sich zu schonen, neue Kraft im Nichtstun zu schöpfen, dann kann daran nichts auszusetzen sein. Im Gegenteil! Es steht keinem Dritten zu, dies zu beurteilen oder gar zu verurteilen. In diesem Moment ist Nichtstun keine Zeitverschwendung, sondern bewusst gewähltes Verhalten, um das innere Gleichgewicht, die Homöostase wieder herzustellen.
Hinzu kommt, dass bei genauerer Betrachtung weder Mensch noch Tier sich nicht nichtverhalten können. Was aussieht wie ein Schreibfehler bedeutet, dass IMMER Verhalten stattfindet. Nichtstun stimmt einfach biologisch nicht, denn wir atmen weiter, wir verdauen weiter, wir denken weiter usw. Nur rein äußerlich und oberflächlich betrachtet nimmt der Beobachter ein Nichtstun wahr. Im Körper passiert sowohl bei Mensch als auch bei Tier eine Menge an Verhalten.
Kurzum, trägt das von Dritten, der Außenwelt beobachtete Nichtstun zur eigenen Bedürfnisbefriedigung des Nichts-Tuenden bei, so ist es ein angenehm empfundenes Verhalten und eben keine Zeitverschwendung.
Anders ist es, wenn Nichtstun von Dritten verordnet, ja befohlen wird und eben nicht den eigenen Bedürfnissen entspricht. Ein Satz wie “Sitz still”, “Entspann Dich mal”, “Komm mal zur Ruhe” ist ein Apell wenn nicht sogar ein Befehl an so manchen Menschen, was aber in diesem Moment gar nicht zu seinem Aktivitäts- und Bewegungsbedürfnis passt. Um so schwerer fällt dann das verordnete Nichtstun! Nicht anders ergeht es unseren Hunden leider sehr oft mit uns Menschen. Sehr viele Hunde sind leider die überwiegende Zeit ihres Tages, ja ihres Lebens zum Nichtstun verdammt, weil der Mensch, der das Leben seines Hundes alleine bestimmen kann, den Hund warten lässt, die Bedürfnisbefriedigung des Hundes hinten an stellt und den Hund zum Nichtstun zwingt. Langeweile ist bei Hunden einer der großen Stressfaktoren und Ursache für viele unerwünschte Verhalten. Auch der Ort des Nichtstun des Hundes wird leider all zu häufig von uns Menschen bestimmt. Der Hund würde vielleicht gerne entspannen und nichts tun, aber eben nicht an dem vom Menschen befohlenen Ort. Vielleicht würde der Hund gerne in der Sonne liegen, anstatt in seinem Körbchen, wo er zum Nichtstun von seinem Menschen hingeschickt wurde. Vielleicht bräuchte der Hund nach einem aufregenden Spaziergang noch die Nähe seines Menschen, um zum Nichtstun zur Ruhe zu kommen.
Dies bedeutet nicht, dass wir unseren Hunden nicht die benötigte Ruhe gönnen sollen. Aber wir sollten unseren Blick schärfen, genau beobachten, ob sich der Hund jetzt aktiv und selbstbestimmt zum Nichtstun zurückzieht an seinen Lieblingsort und das Nichtstun in vollen Zügen genießen kann. Oder ob wir Menschen aus Zeitmangel den Hund in sein Körbchen schicken, um selbst Ruhe zu haben und aktiv sein zu dürfen, während der Hund abwarten muss und entgegen seiner Bedürfnisse nichts tun muss!
Selbstgewähltes Nichtstun ist Bedürfnisbefriedigung und damit angenehm empfundene Qualitätszeit! Von Dritten befohlenes Nichtstun kann hingegen wie Strafe empfunden werden und führt eher zu einer Verschlechterung des Befindens bei Menschen und Tier/Hund.